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HEGA 03/11 - 09 - Rücknahme, Aufhebung des Bewilligungsbescheides und Rückforderung von Leistungen nach dem SGB II – Individualanspruch

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HEGA 03/11 - 09 - Rücknahme, Aufhebung des Bewilligungsbescheides und Rückforderung von Leistungen nach dem SGB II – Individualanspruch

Geschäftszeichen: SP II 21 – II-2080.3 / II-1403

Gültig ab: 21.03.2011
SGB II: Weisung (GA Nr. 06/2011)
Gültig bis: 31.12.2014
SGB III: -

Bezug:

HEGA 04/07- 26 - (GA 04/2007) (Archiv Abgelaufen am 31.12.2010) , HEGA 09/10 - 08 - Arbeitshilfe Individualanspruch vom 20.09.2010

hier: Die Weisung wird wegen der Anpassung des Kapitels Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes gem. § 45 SGB X neu gefasst.

Hinweis im Hinblick auf die Einführung von ERP: Zur korrekten Erfassung von Sollstellungen und Aufrechnungen im Rahmen des Individualanspruchs ist auf die Technische Arbeitshilfe „Aufhebung und Erstattung mit ERP - Individualanspruch - gültig ab 01.01.2011“ (Icon: PDF PDF, Stand 15.06.2012, 2447 KB) verwiesen.

Berichtspflicht:  -

Zusammenfassung

Die Weisung entspricht im Wesentlichen der am 31.12.2010 ausgelaufenen GA Nr. 04/2007. Das Verfahren zum Rückgriff auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft wird angepasst. Eine Rücknahme ist nicht gegenüber allen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft möglich, da diesen das Verhalten des Bevollmächtigten oder des Partners nicht zugerechnet werden kann.


Inhaltsverzeichnis

1. Ausgangssituation

Die Vertretungsvermutung nach § 38 SGB II bezieht sich nur auf die Antragstellung und Entgegennahme von Leistungen nach dem SGB II. Bescheide zur Rückabwicklung von Ansprüchen sind an die jeweiligen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft individuell zu richten.

Zahlreiche sozialgerichtliche Entscheidungen (u. a. SG Dortmund, SG Koblenz, SG Lüneburg, SG für das Saarland, SG Schleswig) und die Weisung des BMAS zum Individualprinzip machen die Vorgaben zur Verfahrensweise mit der Rückabwicklung von zu Unrecht erbrachter Leistungen unentbehrlich. Um eine rechtmäßige Verfahrensweise der Jobcenter weiterhin zu gewährleisten, ist die bisherige Weisung durch die neue Geschäftsanweisung abzulösen. Das Verfahren zum Rückgriff auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft wird angepasst. Die Anpassung entspricht der am 20.09.2010 veröffentlichten Arbeitshilfe Individualanspruch. Eine Rücknahme ist nicht gegenüber allen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft möglich, da diesen das Verhalten des Bevollmächtigten bzw. des Partners nicht zugerechnet werden kann.

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2. Auftrag und Absicht der übergeordneten Führungsebene

Das BMAS erwartet eine rechtmäßige Verfahrensweise der Jobcenter bei der Rücknahme bzw. Aufhebung des Bewilligungsbescheids und Rückforderung von Leistungen nach dem SGB II. Zahlreiche sozialgerichtliche Entscheidungen sowie die Weisung des Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zum Individualprinzip machen die Weisung erforderlich.

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3. Eigene Entscheidung und Absicht

Ziel ist es, bundesweit die rechtmäßige Verfahrensweise der Jobcenter bei der Rücknahme bzw. Aufhebung des Bewilligungsbescheids und Rückforderung von Leistungen nach dem SGB II sicherzustellen.

3.1 Auswirkungen

Da die Leistungsansprüche nach der Konzeption des SGB II nicht als ein Gesamtanspruch der Bedarfsgemeinschaft, sondern als individuelle Ansprüche ausgestaltet sind, hat dies zur Folge, dass bei Rückforderungsentscheidungen inhaltlich zwischen den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft differenziert werden muss. Aufhebung und Rückforderung können sich nur auf den jeweils individuell zu Unrecht erbrachten Betrag richten. Dies ist bereits bei der Anhörung nach § 24 SGB X zu beachten (entsprechende BK-Text-Vorlagen stehen zur Verfügung). Es handelt sich hierbei vornehmlich um Fälle der Einkommensanrechnung nach der Bedarfsanteilsmethode.

Die Bevollmächtigungsvermutung des § 38 SGB II gilt dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift nach nur für Antragstellung und Entgegennahme von SGB II-Leistungen (vgl. Rz. 38.4 Fachliche Hinweis zu § 38 SGB II). Für andere Verfahrensabschnitte, insbesondere das Aufhebungs- und Rückforderungsverfahren, kann auf § 38 SGB II und den danach vermuteten Bevollmächtigten der Bedarfsgemeinschaft nicht zurückgegriffen werden. Ist ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft nicht auf andere Weise vertretungsbefugt, z.B. als gesetzlicher Vertreter, sind demzufolge Bescheide ausschließlich an den jeweiligen Betroffenen zu adressieren. Auch die Anhörung muss in diesem Fall unmittelbar gegenüber dem Betroffenen erfolgen. Minderjährige Kinder werden allerdings grundsätzlich von ihren Eltern vertreten. Hier wirkt sich die Begrenzung der Vertretungsbefugnis deshalb nicht aus. Adressat der Bescheide sind die Eltern als gesetzliche Vertreter, wobei aus dem Bescheid eindeutig hervorgehen muss, welche(s) minderjährige Kind(er) in welcher Höhe von der Aufhebung und Erstattung betroffen ist (sind). Sind Erklärungen gegenüber dem Kind abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil.

3.2 Rechtliche Würdigung

Ob und in welcher Höhe Bewilligungsbescheide zurückzunehmen bzw. aufzuheben sind, ist für jeden Leistungsempfänger in der Bedarfsgemeinschaft individuell zu prüfen. Als Rechtsgrundlage kommen § 45 SGB X und § 48 SGB X in Betracht.

Zu beachten ist bei der Prüfung eines Aufhebungs- bzw. Rücknahmegrundes, dass sich der Vertretene die Erklärungen seines Vertreters sowie dessen Kenntnis oder Kennenmüssen bestimmter Umstände zurechnen lassen muss (§§ 164, 166 Abs. 1 BGB). Ein Verschulden des Vertreters (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) wird dem Vertretenen dagegen nur dann zugerechnet, wenn ein gesetzlicher Vertreter (insbesondere die Eltern für ihre minderjährigen Kinder) gehandelt hat (§ 278 BGB), nicht jedoch, wenn die Bevollmächtigung auf der Vermutungsregelung des § 38 SGB II beruht. In letzterem Fall ist eine Aufhebung bzw. Rücknahme nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 oder Nr. 3 2. Alt. SGB X und § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 oder Nr. 4 2. Alt. SGB X nur möglich, wenn der Begünstige selbst vorsätzlich oder grob fahrlässig bzw. unter Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt gehandelt hat.

Der auf die einzelne Person der Bedarfsgemeinschaft entfallende Überzahlungsbetrag kann über die Maske Personenkonto in A2LL ermittelt werden. Für Zeiträume vor August 2010 ist die Ermittlung nur manuell durch Vergleich der Horizontalübersicht in A2LL vor und nach der Einkommensanrechnung möglich.

3.3 Aufhebung bei Änderung der Verhältnisse gem. § 48 SGB X

Die Bewilligung des Arbeitslosengeldes II bzw. Sozialgeldes ist mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (Einkommenszufluss) nach Maßgabe des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X aufzuheben.

Gegenüber der Person, die das Einkommen erzielt hat (unabhängig ob Bevollmächtigter oder andere Person), kommt eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X in Betracht, da sie der Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen nicht nachgekommen ist. Die Mitteilungspflichten gelten sowohl für den (vermutet) Bevollmächtigten als auch für die anderen Personen in der BG; durch eine Bevollmächtigung verliert das einzelne Mitglied nicht seinen Status als Beteiligter. In Abschnitt XI des Antragsvordrucks wird auf die Mitteilungspflichten hingewiesen; der Bevollmächtigte hat sicherzustellen, dass die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft über diese Mitteilungspflichten informiert sind. Die Person muss vorsätzlich oder grob fahrlässig gegen Mitteilungspflichten verstoßen haben. Ist derjenige, der das Einkommen erzielt hat zugleich der Antragsteller, wird zumindest grobe Fahrlässigkeit regelmäßig zu bejahen sein.

Liegt kein vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verstoß gegen Mitteilungspflichten vor, ist die Entscheidung über die Leistungsbewilligung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X aufzuheben. In Ausnahmefällen kann auch eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X in Betracht kommen, wenn der Empfänger wusste oder wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht in einem besonders schweren Maß nicht wusste, dass der Anspruch ganz oder teilweise weggefallen ist.

Bei den übrigen Personen, die das Einkommen nicht selbst erzielt haben, aber wegen der Anwendung der Bedarfsanteilsmethode von der Überzahlung betroffen sind, ist die Aufhebung nur nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X möglich. Auf Grund der neutralen Formulierung („Einkommen erzielt worden ist“) findet diese Norm auch Anwendung, wenn nicht der Anspruchsinhaber, sondern eine andere Person, deren wirtschaftliche Verhältnisse für den Leistungsanspruch erheblich sind, Einkommen erzielt hat (vgl. auch von Wulffen/Wiesner, SGB X, § 48, RdNr. 24).

3.4 Rücknahme eines rechtwidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes gem. § 45 SGB X

Ob ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt für die Vergangenheit zurückgenommen werden kann, ist nach § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X zu beurteilen.

Die Rücknahme für die Vergangenheit ist gem. § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X u. a. möglich, wenn der VA auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (Nr. 2), wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des VAs kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Nr. 3).

Gegenüber dem (vermutet) Bevollmächtigten (unabhängig davon, ob er selbst das Einkommen erzielt hat) wird in der Regel eine Rücknahme der Bewilligung in Höhe der auf ihn entfallenden Überzahlung möglich sein, da er im Rahmen des Antragsverfahrens entweder falsche Angaben gemacht (Nr. 2) oder den Bewilligungsbescheid nicht ausreichend geprüft hat (Nr. 3).

Eine Rücknahme gegenüber minderjährigen Kindern ist möglich, da diese sich das Verhalten ihres gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen müssen. Auch minderjährige Kinder sind wegen des Individualprinzips Schuldner der an sie zu Unrecht gewährten Leistung. Der Rückforderungsbescheid richtet sich an das minderjährige Kind, ist jedoch dem gesetzlichen Vertreter bekannt zu geben. Diesem Tatbestand wird durch die Formulierung „Soweit der Bescheid Ihr Kind betrifft, ergeht er an Sie als gesetzlicher Vertreter“ Rechnung getragen.

Nicht vom Rückgriff erfasst sind volljährige Kinder und Kinder des Partners (nicht eigenen Kinder). Die Leistungen für diese Personen können in der Regel nicht von diesen zurückgefordert werden, weil diese die unrechtmäßige Leistungsgewährung nicht verursacht haben bzw. die Unrechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes nicht kannten und ihnen das Verhalten des Bevollmächtigten nicht zugerechnet werden kann. Dies gilt auch für den Partner, soweit es sich um Rückforderungstatbestände gegenüber dem Bevollmächtigten handelt. Soweit der Partner selbst z. B. Einkommen oder Vermögen hatte, das bei der Antragstellung nicht angegeben wurde, liegt gegenüber ihm ein Rücknahmegrund nach § 45 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 3 SGB X vor.

3.5 Anhängige Verfahren

In Widerspruchs- bzw. Klageverfahren sind die gegenüber dem Bevollmächtigten bzw. der Person, die das Einkommen erzielt hat, erlassenen Bescheide entsprechend abzuändern, indem die Aufhebung und Erstattung auf den auf diese Personen entfallenden Teil beschränkt wird. Gegenüber anderen Personen der Bedarfsgemeinschaft ist ein Rücknahme- bzw. Aufhebungs- und Erstattungsbescheid zu erlassen, wenn die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 SGB X noch nicht verstrichen ist.

Eine Berufung gegen ergangene SG-Urteile ist mangels Erfolgsaussichten nicht einzulegen. Ist jedoch auch hier die Jahresfrist nach § 45 Abs. 4 SGB X noch nicht verstrichen, sind gegenüber allen Personen der BG entsprechende Bescheide zu erlassen.

Anhängige Widerspruchs- und Klageverfahren sind dahingehend zu prüfen, ob wegen Nicht-Verstreichens der Jahresfrist die Bescheide noch – wie vorstehend beschrieben – korrigiert werden können.

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4. Einzelaufträge

Die Regionaldirektionen:

Die GF der Jobcenter:

Adressatenkreis:

Im Auftrag
gez. Michael Schweiger

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